Die alten Schlachthöfe

Das Historische

Der Zentralvieh- und Schlachthof war der zentrale städtische Vieh- und Schlachthof in Berlin und lag zunächst im Dreieck Thaerstraße – Eldenaer Straße – Ringbahn. Später wurde er nach Nordwesten zwischen Ringbahn und Hausburgstraße bis über die Landsberger Allee hinaus erweitert. Der heutige S-Bahnhof Storkower Straße hieß bis Mitte der 1970er Jahre Zentralviehhof. Nach dem Bau des Neubaugebietes am Fennpfuhl, für das dieser S-Bahnhof ein wichtiger Einstiegspunkt war, erfolgte die Umbenennung.
Der Zentralvieh- und Schlachthof lag im Stadtbezirk Prenzlauer Berg unmittelbar an der Grenze zu Friedrichshain und Lichtenberg. Zum Bezirk Prenzlauer Berg gehörte er seit dem Jahre 1938, als die Grenzen der Berliner Bezirke korrigiert wurden. Davor gehörte er seit der Bildung Groß-Berlins im Jahre 1920 zum Bezirk Friedrichshain.




Das Schlachtgewerbe war seit 1591 durch königliche Verordnungen eingeschränkt. Sie sollten gewährleisten, dass nur in den städtischen Schlachthäusern Vieh geschlachtet wurde. Die Einführung der Gewerbefreiheit als Teil der preußischen Reformen im Jahre 1810 ermöglichte die Gründung privater Schlachtstätten, deren Zahl in der Folge immer weiter stieg. Meist erfüllten sie aber nicht die erforderlichen hygienischen Ansprüche.


1827 eröffnete der Gastwirt Klaeger vor der Zoll- und Akzisemauer in der Nähe des Landsberger Tores einen Viehmarkt mit Schlachthaus und Ställen für 1000 Rinder, 4000 Schweine und 6000 Hammel. Im Unterschied zu den bisherigen war dies das erste Schlachthaus, das nicht im Stadtinneren und in direkter Nähe von Wohnvierteln lag und somit keine Verschmutzung und Geruchsbelästigung durch Viehtrieb und Viehhaltung hervorrief. Seit 1848 regelte eine Wochenmarktordnung die Verkaufsbestimmungen auch auf dem Viehmarkt und ein 1853 ernannter Kreis-Tierarzt für Berlin kontrollierte Schlachtereien, Vieh- und Wochenmärkte. Der Klaegersche Viehhof wurde 1871 geschlossen, nachdem die Rinderpest in Berlin ausbrach.



Ein weiterer großer Viehhof dieser Zeit war der 1867 durch den Unternehmer Ebers auf einem 30 Hektar großen Areal zwischen der Brunnen- und Ackerstraße in Gesundbrunnen errichtete Berliner Viehmarkt. Die Pläne für den Viehhof, auf dem die Sponholz & Co. Viehmarkts-Aktiengesellschaft ansässig war, lieferte der Baumeister August Orth. Bereits 1868 kaufte der Industrielle Bethel Henry Strousberg das Unternehmen auf und ließ den notwendigen und noch fehlenden Eisenbahnanschluss bauen. 1870 waren die Gebäude weitgehend fertiggestellt. Strousberg verkaufte das Unternehmen 1872 an die Berliner Viehmarkt-Aktiengesellschaft. Der Berliner Viehmarkt war in der Lage, den Fleischbedarf Berlins dieser Zeit zu großen Teilen zu decken.




Am 18. März 1868 erließ die preußische Regierung aufgrund der Missstände im Schlachtgewerbe und der weiten Verbreitung der Trichinose das Gesetz über die „Errichtung öffentlicher, ausschließlich zu benutzender Schlachthäuser“, das sogenannte „Schlachtzwanggesetz“, das den Bau von kommunalen Schlachthäusern fördern und das anschließende Verbot privater Schlachtereien ermöglichen sollte. Auch Berlin hatte nun die gesetzliche Aufgabe, ein öffentliches Schlachthaus zu errichten und dort hygienische Kontrollen durchzuführen.


Zentralviehhof Börse um 1897

Dass der städtische Vieh- und Schlachthof jedoch erst 13 Jahre später eröffnet wurde, lag an längeren Auseinandersetzungen in der Stadtverordnetenversammlung, hauptsächlich wegen der Kosten und des Lobbyismus von Seiten der Berliner Schlächterinnung. Etwa 800 private Schlachthäuser gab es 1875 in Berlin und Umland. Viele davon schlachteten das Vieh unter sehr schlechten hygienischen Bedingungen und das Fleisch wurde bei den wenigsten kontrolliert. Die Schlächterinnung argumentierte damit, dass die Mehrzahl der Schlachtereien in gutem Zustand seien und nur die unvorschriftsmäßigen zu schließen wären. Außerdem seien die Straßen Berlins durch den Bau der Kanalisation bereits viel sauberer.

Berlin Zentralviehhof Inneres Schweinehalle 1896

Der Berliner Magistrat verhandelte mit der Berliner Viehmarkt-Aktiengesellschaft um den Ankauf des Viehmarkts an der Brunnenstraße. Die Mehrheit der Stadtverordneten lehnte 1876 den Kauf aber ab, da die Kosten für die notwendigen Um- und Ausbauarbeiten auf dem Gelände inklusive des Kaufpreises als zu hoch angesehen wurden und das Gebiet wegen des Wachstums der Stadt bereits zu nahe am Stadtzentrum lag. Sie wollten lieber ein noch unbebautes Gelände für einen Neubau erwerben. Dafür wurden zwei Areale ins Auge gefasst: das eine in Rummelsburg mit Anschluss an Wasserwege und das andere auf der Feldmark Lichtenberg zwischen Eldenaer Straße und Ringbahn. Nachdem eine Entscheidung zugunsten des zweitgenannten Grundstücks gefallen war, wurde der Viehmarkt-Aktiengesellschaft ein Gegenangebot in Höhe von acht Millionen Mark gemacht, das allerdings nicht angenommen wurde. Damit galt der Standort Feldmark Lichtenberg als gesichert.

Lageplan 1896


So erwarb der Magistrat am 28. Oktober 1876 das 38,62 Hektar große Gebiet in Lichtenberg für 657.210 Mark, um darauf den Central-Vieh- und Schlachthof zu errichten. Auf der Basis Virchow'scher Hygienevorstellungen und nach Entwürfen von Stadtbaurat Hermann Blankenstein begannen am 26. November 1877 die Bauarbeiten. Am 30. März 1878 wurde das Gelände zur Stadt Berlin eingemeindet, da ansonsten das Schlachtzwanggesetz nicht hätte angewandt werden können. Die Eröffnung fand am 1. März 1881 statt, obwohl noch nicht alle Gebäude fertiggestellt waren. Dies war erst im April 1883 der Fall.

Berlin Zentralviehhof Börse 1896

Aufgrund des gestiegenen Bedarfs entschloss sich der Magistrat 1889, das Gelände zu erweitern, und kaufte ein nordwestlich gelegenes 10,9 Hektar großes Gebiet zwischen Thaerstraße und heutiger Landsberger Allee für 1,5 Millionen Mark. Von 1895 bis zum 5. Januar 1898 wurde der Neue Schlachthof unter Federführung des Baumeisters August Lindemann mit Schlachthäusern, Ställen, Verwaltungsgebäuden und Kühlhäusern bebaut. Unter der Thaerstraße wurden zwei Unterführungen zur Verbindung der beiden Gelände angelegt, damit die Tiere von den Ställen zu den Schlachthäusern getrieben werden konnten.


Kombinierter Rinder- und Hammelstall um 1900


Von 1914 bis 1923 stagnierte die Entwicklung des Zentralvieh- und Schlachthofes aufgrund der kriegsbedingten Inflation. Während dieser Zeit leerstehende Hallen wurden von Privatleuten und Behörden als Lagerhallen genutzt. Ab 1924 begann ein neuer Aufschwung des Vieh- und Schlachtbetriebes, der 1925 durch die Eröffnung einer neuen Fleischgroßmarkthalle, der späteren Werner-Seelenbinder-Halle, auf der gegenüberliegenden Seite der Landsberger Allee und der Verlagerung des Handels aus der Zentralmarkthalle am Alexanderplatz hierher weiter gestützt wurde. Im Ergebnis wurde die Fremdnutzung der Hallen beendet und diese dienten nun wieder ausschließlich für den Vieh- und Schlachtbetrieb.
1929 errichtete Richard Ermisch ein neues großes Kühlhaus und 1930 wurde die Rinderauktionshalle um 5000 m² erweitert. In den Folgejahren wurden die Gebäude auf dem Gelände ständig modernisiert. So wurde unter anderem die Außenmauer mit Klinkersteinmauerwerk erneuert. Von 1937 bis 1940 entstand quer über den Viehhof eine etwa 420 Meter lange überdachte und verglaste Fußgängerbrücke, die in einer Höhe von etwa sechs Metern von der Eldenaer Straße zum damaligen S-Bahnhof Zentral-Viehhof führte.
Im Zweiten Weltkrieg entstanden schwere Schäden durch Bombenangriffe erst gegen Ende des Krieges im Jahre 1945, während vorher der Betrieb aufrechterhalten wurde. 80 Prozent der Gebäude auf dem Alten Schlachthof wurden während des Krieges zerstört. Die ersten Instandsetzungsarbeiten setzten in einigen Teilen gleich nach Kriegsende ein, um die Versorgung der Berliner Bevölkerung wieder aufnehmen zu können. Größere Teile des Geländes dienten jedoch bis 1948 als Kriegsbeutelager 1 für die Rote Armee. Hier wurden Reparationsgüter und Beutekunst zwischengelagert, bis sie auf angepassten Breitspur-Gleisen direkt nach Leningrad gebracht wurden. Unter anderem befanden sich hier bis zum 14. August 1946 die am Ende des Krieges im Neuen Palais in Potsdam-Sanssouci zum Schutz vor Zerstörung eingelagerten Bleiglasfenster der Frankfurter Marienkirche. Größere Freiflächen auf dem Gelände wurden auch zur Zwischenlagerung von Trümmerschutt genutzt, wofür vom Schlachthof-Gelände eine normalspurige Trümmerbahn entlang dem Weidenweg bis zur Friedenstraße verlegt worden war. Diese Anlagen wurden um 1950 beseitigt.

In der DDR avancierte der Zentralvieh- und Schlachthof zum führenden Betrieb der fleischverarbeitenden Industrie Ost-Berlins. 1958 wurde der Zentralvieh- und Schlachthof in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) umgewandelt und dieser dann 1963 in das VEB Fleischkombinat Berlin eingegliedert. In zehn Betriebsteilen wurden bis zu 2700 Arbeiter beschäftigt. In dieser Zeit konzentrierte sich der Betrieb auf dem Gelände des Neuen Schlachthofs zwischen Thaerstraße und Landsberger Allee. Dort war der Schlachthof auch am deutlichsten für Unbeteiligte wahrnehmbar, sowohl durch einen Werksverkauf an der Landsberger Allee, als auch durch die Schlachtgeräusche. Insbesondere an heißen Sommertagen kam es zu Geruchsbelästigungen der Anwohner. Das Gelände des Alten Schlacht- und Viehhofs wurde nach und nach an andere Staatsbetriebe übertragen.


Nach der Wende wurden die Kombinate zunächst privatisiert und ihr Betrieb 1991 schließlich ganz eingestellt. Die Aufgaben wurden vom gerade erweiterten Fleischgroßmarkt im Großmarkt an der Beusselstraße in Moabit übernommen. Das Gelände war daraufhin einige Jahre lang eine Industriebrache.
Im Rahmen der Bewerbung Berlins um die Olympischen Sommerspiele 2000 Anfang der 1990er Jahre wurde auch das Schlachthof-Areal in die Planungen mit einbezogen. Das Gelände des Alten Schlachthofs war für die Errichtung eines Mediendorfs vorgesehen, das Wohnraum für alle Journalisten bieten sollte. Da Sydney als Sieger aus dem Bewerbungsverfahren hervorging, wurden diese Pläne jedoch nicht verwirklicht. Lediglich das Olympia-Projekt Velodrom auf dem nördlich der Landsberger Allee gelegenen Areal des Zentralvieh- und Schlachthofs, das den Abriss der alten Werner-Seelenbinder-Halle einschloss, wurde realisiert und 1999 fertiggestellt.

Textauszüge von: http//www.wikipedia.org


Das Aktuelle 
Da ich  in der Samariterstraße am oberen Ende zur Eldenaerstraße einige Jahre in Berlin-Friedrichshain gelebt und viel Zeit unterwegs mit meinen beiden Hündinnen auf dem ehemaligen Schlachthofgelände verbracht habe - habe ich dort in der Zeit auch oft fotografiert.



Komischer Weise war die Stimmung oder das Gefühl bei den ehemaligen Ställen und Schlachthäusern nie bedrückend oder beklemmend. Es war eher eine friedvolle und harmonische "Aura", die über dem Ganzen lag. Selbst nachts.
Vielleicht lag es an einem Selbst - mit welcher Einstellung man sich den letzten chaotischen, wilden Flecken im Urbanen näherte. 

Ich weiß nicht, ob die Geister all der toten ermordeten, geschundenen Tierseelen nicht doch durch die dünnen Keller und Rigipswände der neugebauten mittelhässlichen Reihenhäuser brechen und den Bewohnern mit düsteren Alpträumen den Schlaf rauben werden? Oder es schon längst tun.
Anfangs war es noch ein wirklich urwüchsiges, verwildertes Gelände - es gab Füchse und Kaninchen, Fledermäuse. Man konnte beinahe einsam bis hoch zum Velodrom laufen, vielleicht kam einem mal ein Jogger entgegen.









Zusehends wurde alles zugebaut, verflastert - Einkaufscenter, Reihenhäuser vertrieben die letzten Füchse und auch die Hunde und ihre Besitzer wurden reglementiert.
Autos kamen - zum parken, zum abkürzen und um mitten durchzufahren.
Wenn ich mir je Gedanken gemacht habe über die Auswirkungen der Überbevölkerung auf diesem Planeten, dann war es zumeist verbunden mit dem schmerzhaft spürbaren Schwinden, dem Verlust von freiem Raum hier in Friedrichshain. 
Und das ideell wie real.


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